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Die Niederlage von Karfeit

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Im Morgengrauen des 24. Oktober 1917 wurde Luigi Cadorna im Sitz des Oberkommandos von Udine von dem schweren Beschuss der Linie Plezzo-Tolmein benachrichtigt. Getreu seinen Überzeugungen hielt es der General für eine Simulierung, um die Aufmerksamkeit von der Karstfront (fronte carsico) abzulenken.
Gleichzeitig befand sich die dritte aus einigen Alpini-Bataillonen, darunter auch jenes vom freiwilligen Interventionisten Carlo Emilio Gadda befehligte, bestehende Verteidigungslinie am Berg Krasij nördlich von Karfeit. Er und seine Männer wurden um zwei Uhr in der Früh vom massiven Beschuss geweckt, der bis zum Morgengrauen fortgesetzt wurde. Da sie jedoch nicht angegriffen wurden und keine Befehle erhielten, blieben sie in ihren Stellungen, isoliert und komplett in Nebel gehüllt. Gegen 12 Uhr sahen sie einige von deutsch-österreichischen Soldaten verfolgte Soldaten und um 15 Uhr hörten sie die Explosionen der Brücken über den Isonzo. Sie begriffen also, dass sie blockiert waren und erwarteten resigniert den feindlichen Angriff.

Die ersten Befehle trafen nach 24 Stunden ein, als das Oberkommando informiert wurde, dass Karfeit gefallen war und es den deutsch-österreichischen Truppen gelungen war nach Saga und zum Kolovrat vorzustoßen. Es wurde die Aufgabe aller Stellungen auf dem linken Isonzoufer beschlossen. Gadda beschloss also, längs des Kamms hinabzusteigen. In wenigen Minuten wurde ihm klar, dass die Lage wirklich verzweifelt war. Tausende italienische Soldaten versuchten, den Fluss (ohne Brücken) zu überqueren, während die Deutschen sie auf beiden Uferseiten verfolgten. Viele beschlossen, das Gewehr wegzuwerfen, sich zu ergeben und sich von den von Krauss geführten Männern gefangen nehmen zu lassen.

In der Zwischenzeit setzten Rommel und seine Gruppe Soldaten des Württembergischen den Vorstoß am Kolovrat fort und gelangte leicht bis in die Nähe des Monte Matajur, dem höchsten Gipfel der Valli del Natisone. Am nächsten Tag ermöglichte eine weitere Umzingelungsaktion die Gefangennahme tausender italienischer Soldaten, die sich kampflos ergaben und um 12 Uhr am 26. Oktober 1917 wurde der Berg von den Deutschen erobert. In nur zwei Tagen hatten sie 18 Kilometer zurückgelegt, 150 Offiziere und 9tausend Soldaten gefangen genommen und nur 39 Mann verloren.

Die Situation überstürzte sich auch auf politischer Ebene schnell. In Rom trat der Ministerpräsident Paolo Boselli nach einer verlorenen Vertrauensabstimmung zurück. Wenige Stunden später begannen die Nachrichten über die Geschehnisse am oberen Isonzo zu zirkulieren. Die Zweite Armee wurde von ihren Offizieren vollkommen im Stich gelassen und die tausenden Soldaten begaben sich ohne Befehl zur friaulischen Tiefebene. Viele warfen in der Überzeugung, dass der Krieg zu Ende wäre, erleichtert die Waffen weg. Gleichzeitig kamen die ersten friaulischen Zivilisten, die gezwungen waren, vor dem deutsch-österreichischen Vorstoß ihre Häuser zu verlassen, zu den die Straßen füllenden geschlagenen Soldaten hinzu.

Am 26. Oktober versuchte Cadorna die Wahrheit vor dem Land mit optimistischen Verlautbarungen zu verheimlichen, aber jetzt war es klar. Die von den deutsch-österreichischen Truppen zwischen Plezzo und Tolmein (Tolmino) vollbrachte Kriegshandlung hatte zur Niederlage der italienischen Front geführt. Dieselben Spitzen stürzten sich trotz der offenkundigen Verfehlungen und Fehler in einen "krampfhaften Lauf, um jede Verantwortung für die Niederlage von seinen Schultern zu schütteln […] und so das Prestige und die Ehrbarkeit intakt zu halten" (Ernesto Ragionieri, "Der liberale Staat" ("Lo Stato Liberale"), in "Geschichte von Italien Bd. 11" ("Storia d'Italia Vol. 11"), Einaudi, Turin, 2005, S. 2034). Die Schuld lag laut ihnen beim innerhalb des Königreichs regierenden Defätismus.
Zwei Tage später wurde in ganz Italien eine neue stets von Cadorna gezeichnete Verlautbarung verbreitet: "Der fehlende Widerstand der Abteilungen der Zweiten Armee (Seconda Armata), die sich kampflos und niederträchtig zurückgezogen oder schändlich dem Feind ergeben hat, hat es den deutsch-österreichischen Streitkräften gestattet, unseren linken Flügel an der julischen Front (fronte giulia) zu brechen" (Nicola Labanca, "Karfeit - Geschichte einer Niederlage" ("Caporetto - Storia di una disfatta"), Giunti, Florenz, 1997, S. 38). Diese schweren Anschuldigungen bedeuteten endgültig das Ende seiner Karriere in den Führungspositionen des italienischen Heers.
 
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