
Am 9. November hatte ich die Ehre, an der Eröffnung der Ausstellung zum Projekt „Gorizia conTatto“ teilzunehmen, dessen erste Phase zum Abschluss gekommen ist. Schon der Name der Ausstellung bzw. des Projekts ConTATTO ist aussagekräftig. Er leitet sich von „Contatto“ = Kontakt und „TATTO“ = Tastgefühl ab. Das Projekt wendet sich nämlich an diejenigen, die das kulturelle Angebot der Stadt nicht mit eigenen Augen genießen können, sondern sich dem Tastsinn anvertrauen müssen. Sie erforschen so taktile Modelle und Karten, Notizen und Schriftzüge in Brailleschrift sowie 3-D-Nachbildungen. Diese Personen können sich so vorstellen, wie die von ihnen besuchte Struktur aussieht und so besser verstehen, was den Besuchern erklärt wird.
Und weil ich die Einführung von Görz in einen zugänglichen und sozial sensiblen Tourismus für gut heiße, beschloss ich, an diesem Event teilzunehmen, von dem ich Ihnen jetzt erzähle.
Ich bin in Görz geboren und in dieser Stadt und im Isontino aufgewachsen und die Tatsache, dass die Initiative hier ihren Ursprung hat, machte mich sehr neugierig. Das Projekt setzt es sich zum Ziel, mit modernen Technologien die Kenntnis des künstlerischen und kulturellen Vermögens von Görz besser zu vermitteln und die Nutzbarkeit und den Erlebnisansatz zu verbessern.
Ich hörte mit großem Interesse den Referenten zu, die das Wort „Tourismus“ mehrmals im Zusammenhang mit sozialer Einbindung und Zugänglichkeit erwähnten und den menschlichen, wissenschaftlichen und touristischen Wert des Projekts in den Mittelpunkt stellten. Bei den betroffenen Standorten handelt es sich um Symbolorte der Görzer Geschichte: das Schloss, die Synagoge, die Kirche Sant’Ignazio, den Palazzo Coronini Cronberg und den Palazzo Attems. In einigen dieser Gebäuden gibt es bereits seit Jahren für Sehbehinderte und Blinde Leitsysteme, die zu diesem Anlass renoviert und implementiert worden sind.
1) Schloss: Es gibt bereits ein Leitsystem, zu dem sich eine neu realisierte, taktile Karte mit der Stadtmauer, den Wegen, den Schlossgebäuden, dem Brunnen und der Sonnenuhr gesellt. Die Legende ist in Brailleschrift gehalten.
2) Synagoge: Der 1756 errichtete israelitische Stadttempel in der Mitte des ehemaligen jüdischen Ghettos. Es wurde das schon bestehende Tastmodell erneuert, zusätzlich eine dreidimensionale Karte realisiert und Bücher in Blindenschrift restauriert.
3) Kirche Sant’Ignazio: Es wurde eine Taktkarte des Orts der Kirche mit Legende realisiert und man arbeitet auch an dem von Christoph Tausch gemalten Kanzelfresko „La Gloria di S. Ignazio“ (die Glorie des heiligen Ignatius), um es taktil und dreidimensional zu gestalten.
4) Palazzo Coronini: Es gibt schon ein Leitsystem, zu dem die dreidimensionale Nachgestaltung in Naturgröße der „Charakterköpfe“ bzw. Büsten von Messerschmidt kommt, die einzigen beiden in Görz verwahrten Werke dieses Künstlers in Italien. Insgesamt gibt es davon achtunddreißig, die in den größten Städten der Welt ausgestellt sind.
5) Palazzo Attems Petzenstein: Sitz der Gemäldegalerie und der Provinzmuseen. Die Fassade wurde dreidimensional reproduziert.
Einige dieser Strukturen wurden in Eingangsnähe aufgestellt, um die Orientierung in den Räumlichkeiten zu erleichtern und die Anordnung von Bauelementen in ihrem Innern wie Stufen, Altäre und fixe Einrichtungen aufzuzeigen, die im Zuge der Besichtigung ein potentielles Hindernis oder eine Gefahr darstellen könnten.
Das gesamte realisierte Material ist in zwei Sälen ausgestellt und kann von den Besuchern im Rahmen einer geführten oder auch nicht geführten Besichtigung der jeweiligen Kulturorte in Anspruch genommen werden. Beim Event waren Behinderte zugegen, die die im Rahmen des Projekts getätigten Arbeit vorweg experimentieren konnten. Auch ich habe die Augen geschlossen und die Arbeiten nur mit dem Taktgefühl erkundet, um mich einen Augenblick lang in die Lage jener zu versetzen, die leider nicht in den Genuss von Licht, Farben und Bildern kommen können, die jedoch dank dieser, in den letzten Monaten getätigten großartigen Arbeit die Möglichkeit haben werden, Görz multisensorisch wahrzunehmen.
Das Projekt sieht zudem die Schaffung einer mobilen App mit gesprochenen Beschreibungen der verschiedenen Denkmäler vor. Das ist nur die erste Etappe des Projekts Gorizia ConTatto, das den eingeschlagenen Weg weitergehen wird und das Besichtigungsmodell auch in anderen Städten der Provinz anwenden und umsetzen wird, angefangen bei Gradisca d’Isonzo und Cormons.
Die Präsentation und der Besuch der Ausstellung faszinierten und sensibilisierten mich. Ich wurde in eine mir unbekannte Welt projiziert, die die lokalen Verwalter und Vertreter lobenswert berücksichtigt haben.
Die Ausstellung bleibt bis 26. November 2017 in der Fondazione Carigo in via Carducci, 2 geöffnet und ist für alle eine Aufforderung, über den Wert und die Bedeutung der Einbeziehung dieser Personen in die Besichtigung der Orte unserer Region nachzudenken, weil auch sie, wider unserer Gedanken, das Bedürfnis haben, diese kennenzulernen.