Tausende von Männer, Frauen und Kinder beschlossen Ende Oktober 1917 ihre Häuser aufzugeben, um vor dem deutsch-österreichischen Vorstoß zu flüchten. Darüber gibt es hunderte von Tagebüchern, Erinnerungen und Artikel, welche die Gemütsbewegungen, die Empfindungen und die Gefühle jener dramatischen und hektischen Tage erzählen. Beeindruckend sind die Beschreibungen der typisch herbstlichen Landschaft, in der jeder Schritt von dem unaufhörlichen Regen, dem Schlamm, der Felder und Straßen überschwemmt hatte, und dem leicht vorstellbaren Durcheinander skandiert wird.
Einige der wahrscheinlich ergreifendsten Seiten wurden von Männer und Frauen, die zur Zeit der Umstände Kinder waren, später geschrieben. Keiner, besser als sie, konnte den Wahnsinn und die Angst jener Tage, die Einzelheiten, die heute zu verstehen geben, wie tief die Niederlage von Karfeit die Geschichte von Italien gezeichnet hat, wahrnehmen.
Ettore Bulligan war ein 8-jähriges Kind aus Udine, Sohn eines Bauarbeiters, der ausgerechnet kurz vor der Zwölften Isonzoschlacht nach Friaul zurückkehrte (er war mit der ganzen Familie in die Schweiz ausgewandert). Am 27. Oktober 1917 beschloss sein Vater, Udine erneut zu verlassen, da er das Eintreffen der deutsch-österreichischen Truppen fürchtete, die schnell aus den Valli del Natisone herunterkamen. "Wir schlossen die Tür des Großvatershinter uns und begannen unter heftigen, eisigen Regen, im Stockdunklen, im Gänsemarsch und schweigend unsere Irrfahrten". (Giacomo Viola, "Geschichten des Rückzugs im Friaul des Großen Kriegs ("Storie della ritirata nel Friuli della Grande Guerra), Gaspari, Udine, 1998, S. 24).
Im Gegensatz zu vielen anderen Familien gelang es seiner, die Brücken über den Tagliamento zu erreichen und sich nach Pordenone zu begeben, von wo aus die Züge mit den Flüchtlingen nach Padua (Padova) abfuhren. Er erinnert sich daran, dass seine Familie nicht der einfachsten Straße (der Udine-Codroipo-Pordenone) folgen konnte, da diese den Soldaten vorbehalten war, und somit die Nebenstraßen von Basaldella,Pozzuolo, Nespoledo,Lestizzaund schließlich Madrisioeinschlagen musste.
In Pordenone angekommen, gab es die erste organisierte Hilfe: "[…] das Rote Kreuz verteilte an jeden Flüchtling ein Brot und eine Dose, aber wir Kinder hatten uns mehrmals angestellt und so hatten wir uns einen kleinen Lebensmittelvorrat besorgt. Und zum Glück, dass wir uns behalfen, denn es kümmerte sich niemand mehr um uns und der Hunger war auf der ganzen Reise ein ständiger Begleiter" (Giacomo Viola, "Geschichten des Rückzugs im Friaul des Großen Kriegs ("Storie della ritirata nel Friuli della Grande Guerra), Gaspari, Udine, 1998, S. 36).
Wie viele andere Familien traf auch die von Ettore Bulligan in Süditalien, in Irpinien, ein. Und wie viele andere erlebte auch er die Isolierung am eigenen Leibe aufgrund der Tatsache, weil er ein Flüchtling war. Es gab das Sprach-, Schul- und Arbeitsproblem sowie das Problem einer mit anderen 5 Familien geteilten Wohnung. Dies alles dauerte bis zum Frühjahr 1919, als der Vater eines Tages sagte "Tirait doncje la vuestre robe che o tornin a Udin!" ("Tragt eure Sachen zusammen, wir kehren nach Udine zurück", in Giacomo Viola, "Geschichten des Rückzugs im Friaul des Großen Kriegs ("Storie della ritirata nel Friuli della Grande Guerra), Gaspari, Udine, 1998, S. 43).