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Die Flüchtlingsfrauen und die Armut

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Die Niederlage von Karfeit und nachfolgende Flucht der Zivilbevölkerung bestätigte, dass in diesen Jahren eine neue Figur in der italienischen Gesellschaft emporgestiegen war: die Frau. Schon vor dem Oktober 1917 hatten die Frauen in verschiedenen Fällen die Rolle des Familienoberhaupts angesichts der Abwesenheit der in der Armee dienenden Ehemänner oder Väter eingenommen. Mit dem Umzug in die anderen italienischen Regionen mussten sie noch schwierigeren Problemen entgegen treten. 
Angesichts der fehlenden, männlichen, traditionell maßgebenderen Figuren wurden die Frauen in den Dörfern in Mittel- und Süditalien leicht angreifbare Personen. Viele von ihnen hatten Mühe, Zugang zu den Tagesbeihilfen für Kriegsflüchtlinge zu haben, das Gepäck mit dem sie aufgebrochen waren, ging häufig während der Übersiedlung verloren und da kein Geld vorhanden war, trugen sie monatelang dasselbe Kleid, mit dem sie aufgebrochen waren. Jede Krankheit, auch die banalste, wurde zu einem schweren Problem, da der Zugang zu irgendeiner Sanitäreinrichtung nicht möglich war. 
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So kam es zu einem Teufelskreis, wie eine in Cerignola in der Provinz Foggia angekommene Flüchtlingsfrau erzählt: "nach der Flucht aus meinem geliebten Ort während der feindlichen Invasion und ohne irgendetwas, auch nicht das Notwendigste zum Umziehen, mitnehmen zu können, hat es mich hierher in diese Stadt in Apulien verschlagen […]. Hier gibt es noch nicht einmal Wasser zum Waschen und ich muss es teuer bezahlen, indem ich die Ausgabe von der spärlichen Auszahlung von zwei Lire am Tag abziehe. Mit der stark ansteigenden Verteuerung der Lebensmittel muss ich alles von nur zwei Lire bestreiten; auch kann ich nicht auf die Suche einer anständigen Beschäftigung gehen, da ich mich schäme, meine Unterkunft so heruntergekommen und unanständig gekleidet zu verlassen." (Daniele Ceschin, "Die Lage der Flüchtlingsfrauen und der Kinder nach Karfeit" ("La condizione delle donne profughe e dei bambini dopo Caporetto"), in "DEP-Deportate, Esuli, Profughe, Rivista Telematica di studi sulla memoria femminile", Nr. 1, 2004, S. 28). 

Ohne Geld bestand nicht einmal die Möglichkeit, Arbeit zu suchen. Dazu kam dann noch der Rassismus der Ortsbewohner hinzu, die in diesen Flüchtlingen aus dem Norden richtige Bedrohungen sowohl für das spärliche Arbeitsangebot als auch wegen der Gerüchte, die sich im großen Umfang verbreiteten, sahen. Eine Frau aus San Pietro del Natisone, die in ein kleines Dorf nahe Catania umgesiedelt wurde, erinnert sich daran wie "wir ziemlich unbeliebt sind und dass diese Leute schlimmer als Tiere sind. Sie sehen uns böse an und wir anderen können dies nicht mehr ertragen […] Wir sind wie die Zigeuner und auch schlimmer, ganz zerlumpt." (Daniele Ceschin, "Die Lage der Flüchtlingsfrauen und der Kinder nach Karfeit" ("La condizione delle donne profughe e dei bambini dopo Caporetto"), in "DEP-Deportate, Esuli, Profughe, Rivista Telematica di studi sulla memoria femminile", Nr. 1, 2004, S. 29). So waren viele Flüchtlingsfrauen häufig gezwungen, um Almosen zu betteln und ihre Kinder zu verlassen. 
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