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5 Juni 2018

In den Magredi, ein wildes Wunder

5 Juni 2018
Anna Maria Ometto

In den Magredi, ein wildes Wunder

Hast du Lust mitzukommen? Ein Entschluss, beinahe eine Bestimmung. In 45 Minuten sind wir in die Magredi katapultiert, diesem Parco Biotipo mit kargen Wiesen nordöstlich von Pordenone, dort wo bei Vivaro das Flussbett des Cellina auf das vom Meduna trifft. Zirka 300 km2 Natur. Und die Natur nahm mich gefangen. In dem Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung, unter der Führung von Stefano und einem erfahrenen Tutor rüsten wir uns aus, hochmotiviert im Gedanken an die Wanderung, die eine Reise unglaublicher Entdeckungen werden wird. Wir sind alle gefesselt von dieser enormen Weite, in der das Auge an einem Detail hängenbleibt und weiterstreift und die unendliche Weite und Freiheit erfasst. Farben und Leben begnügen sich hier mit wenig. Haben Sie jemals auf Steinen liegend so viel Stille wahrgenommen? Drei Stunden, drei Umgebungen. Nachdem wir die Zivilisation und das weiße Flussbett mit mehr oder weniger geschliffenen Steinen, in das wir uns gelegt hatten, hinter uns gelassen haben, kamen wir ins Reich der Moose und Flechten, wenigen Sträuchern und einigen farbigen Blumen. Wieder anders gab sich der primitive Magredo mit seinem trockenen Rasen. Und darauf folgten die Prärien des entwickelten Magredo-Gebiets, die an die ungarische Puszta erinnern. Wie viel Stefano mit seinen 17 Jahren schon weiß! Er macht uns mit dem Feenleinen bekannt, einer gefiederten Süßgräserart, die wie Feen- oder Hexenhaare auf der Wiese zu tanzen scheinen. Das Auge blickt in die Ferne, streift weiter über unendliche Weiten und fällt auf das was in der Nähe liegt. Es zeichnen sich gelbe Flecken mit Gjalùt bzw. Kronwicken ab, einer Grünpflanze. Einer Pflanze einen Namen zu geben, ist für mich, wie ihr eine Geschichte zu verleihen, sie anzuerkennen. Der wilde Thymian mit seinen kleinen lila Blumen lässt sich anfassen, damit wir seinen Duft genießen können. Unter den Steinen müsste das Wasser fließen. Wir gehen in der warmen Sonne auf einer Art Schwemmmatratze. Nicht lange und der Fuß wird agiler, er umgeht respektvoll Flechten und andere typische Gräser und Blumen. Wir sind vereinzelt wandelnde Kreaturen auf der Suche nach einer inspirierten Aufnahme, angezogen vom honigmelonensüßen Duft der wilden Hagebuttenbüsche oder von einem Effekt gegen das Licht. Viele von uns sind still. Hier scheint alles starr und unbeweglich zu sein. Aber wir fühlen, dass dem nicht so ist. Es ist ein mysteriöser Ort. Jemand ist hinten geblieben, so bewundern wir die Panoramen der Friauler Dolomiten; links die Cavallo-Gruppe, rechts der Raut und der Jof. Pièrditi in tal patùs (Pèrditi tra le erbacce – Sich zwischen Gräsern verlaufen) ist der Name der Wanderung in diesen Prärien mit ihrer großzügigen Frühlingsblüte. Und die Fauna? Rehspuren, winzige lila, gelbe, weiße, orange Schmetterlinge; vermutlich Nachtigallen und Lerchen. Was den Zugvogel Bienenfresser und den braunen Triel betrifft, so müssen wir uns mit einer Zeichnung von ihnen zufriedengeben. Wir reichen uns ein Kleinod von Hand zu Hand. Eine harte, braune Perle, mit der der Bienenfresser seine Bruthöhle dekoriert. Als wir vernehmen, dass es sich dabei um nichts anderes als einen harten Hasenkot handelt, lassen wir die kostbare Perle unter allgemeinem Gelächter fallen. Der Blick kehrt auf die einfachen, vielfältigen Orchideenteppiche zurück. Kennen Sie die mit „gli omini“ (den Männleins)? Und würden Sie das für das Gerinnen der Milch verwendete Labkraut erkennen? In der „Latteria turnaria“ (Genossenschaftsmolkerei) von Tesis könnte man dieses Thema vertiefen. An den Rändern entdecke ich Sclupit bzw. Leimkräuter. Der vor kurzem gegessene Sclupit-Orzotto war ausgezeichnet! Vielleicht bin ich hungrig. Patrizia und ihre Freundin fotografieren gerade eine Seltenheit, nämlich den weiß blühenden Tatarischen Meerkohl bzw. Tatarenkohl. Er wächst ausschließlich in den Magredi und in der ungarischen Puszta. Einer Legende nach wurde er von Attilas Hunnen zu uns gebracht. Ein Wasserlauf im Grünen bringt ein wenig Erfrischung. Der Karte nach haben wir ca. die Hälfte unseres Wegs zurückgelegt. Eine vage Fata Morgana wird Realität. Es erwartet uns ein Aperitif zu einem Eierkuchen mit wildem Hopfen bzw. Grisolòn, oder Urtissòns, Salame und Käse. Eine zärtliche Geste nach unserem Herumstreifen. Das Handy kündigt Schlechtwetter an, aber wir werden von einem Lichtstrahl begnadigt, der das Ausläufergebiet beleuchtet. Ein friedvoller Sonnenuntergang. Infos: pro.loco.vivaro@gmail.com oder infocomuseolisaganis.it. Lehrangebote und Workshops für Schülerschaften. Einfache, auch allein zu begehende Routen für Familien und jeden Bedarf. Sollten Sie zwei Tage hier verbringen wollen, bietet Ihnen Vivaro nicht nur Weinberge und Weine, sondern auch ein Dorfhotel sowie renommierte, gastliche Lokale mit traditioneller Küche, auch im Country-Stil.
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Anna Maria Ometto

Sommelier, Önogastronomin. Vertreterin und Präsidentin des Berufsverbands. Adoptiert in Friaul-Julisch Venetien, wo sie ihre Lehrerausbildung abgeschlossen hat, versucht sie, Familie mit Augenblicken der Gebietsvalorisierung unter einen Hut zu bringen. Sie lebt in der Provinz Pordenone.

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