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18 Mai 2017

Ein Motorrad zwischen den Almen von Ampezzo

18 Mai 2017
Andrea Maroè

Ein Motorrad zwischen den Almen von Ampezzo

Meine Försterkollegen und ich sind auf der Suche nach monumentalen Bäumen nach Ampezzo gefahren, um uns auf Schotterstraßen, die nach Casera Valuta führen, über Lateis zu begeben. Bei der letzten Lärche springt mir mitten in der Wiese ein Frosch auf den Bergschuh.

Ein Frosch? In beinahe 1500 Metern, bei Schnee? „Weiter oben wird es noch mehr davon geben", sagt mir meine Freundin Lara, die mein Staunen erraten hat. Über die Wiese schien von Ferne das Dröhnen eines sich nähernden Motorrads an unser Ohr zu reichen. Ich schaue auf die hundert Meter darunter liegende Schotterstraße. Nichts. Ich steige über die kalte Wiese zur Käserei unter dem Gipfel des Col Gentile auf.

Das Dröhnen des Motorrads wird dumpfer, während immer mehr Frösche vor den Bergschuhen flüchten, die auf dem knirschenden, eisigen Gras auftreten. Die Almhütte, die auf die neue Almsaison wartet, ist noch in einem Ausläufer gefrorenen Schnees gefangen.

Ich schaue mich um. Frösche hüpfen, paaren sich im Schnee oder verschwinden darunter, in einem unerklärlichen Tanz, der den Sommer mit dem Winter verwechselt. Ich achte darauf, wo ich meine Füße auf die Wiese setze und versuche immer noch, das aus dem Tal kommende Motorrad zu sehen, das man nun etwas stärker hört, aber immer noch nicht sieht.

Ringsum beobachten uns friedlich die Berggipfel. Von weitem hebt sich Casera Losa in der Sonne von der Wiese in einer neuen Farbe ab und die Lärchen zeigen sich mit den ersten hellgrünen Sprossen auf den frühlingshaft leuchtenden goldenen Zweigen. „Komm, komm her und schau“, ruft mich Lara lächelnd zu ihr. Ich gehe noch ein paar Schritte aufwärts und sehe auf einem kleinen Plateau den Rest eines beinahe ausgetrockneten Sees, beinahe nur eisiger Morast, der zu kochen scheint.

Frösche!

Zu tausenden. Sie springen, quaken, paaren sich, legen Millionen Eier in nur wenigen Zentimeter braunem Schlamm, ganz in der Nähe des noch vereisten Schnees. Der graue Fels der Berge verstärkt das gurgelnde Quaken, das die Tiere dem Frühling widmen, und lässt es ein Dröhnen werden. Während mich die Lärchen auslachen und dabei die Zweige im Wind schütteln, wird mir klar, dass es sich dabei um das Geräusch des von mir vermuteten Motorrads auf der Straße handelt.

Ich bleibe verzaubert stehen und schaue diesem Überfluss an Leben zu, das sich in wenigen Quadratmetern an gallertartigem, grünlichem Schlamm abspielt. In diesem klebrigen Matsch mit unendlich viel Laich feiern die Frösche das Leben. Die sie umgebende bezaubernde Bergwelt segnet sie. Ich, der unerwartete Vagabund, bewundere erstaunt das Schauspiel einer Welt, die in wenigen Tagen verschwinden wird.

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Andrea Maroè

Ich suche die ältesten, größten, erhabensten und geheimnisvollsten Bäume unseres Planeten, besteige sie, vermesse sie und verteidige sie. Ich liebe es, unsere Wälder und unsere herrliche Natur auszuleben.

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