Jeder Bergsteiger sucht in seinem Herzen beim Berggehen nach stillen Emotionen, die nur Felsen vermitteln können, wenn man mit ihnen eins wird. Das Hochtal Valle del But ist zwischen Wänden eingeschlossen, mit denen ich seit Jahren dialogiere, in denen meine Leidenschaft für das Senkrechte gewachsen ist und in denen ich mich immer ein wenig wie zuhause fühle.
Vor einigen Tagen bin ich zu den Platten in Val di Collina zurückgekehrt, dieses große, auch von der Staatsstraße, die von Friaul Julisch Venetien über den Plöckenpass nach Kärnten führt, gut sichtbare Kalksteinschild.
Das Bergsteigen in dieser Zone weckt eine Vielzahl von Gefühlen. Man klettert zwischen nicht gut sichtbaren, geografischen, historischen und umweltspezifischen Grenzen. Beim Besteigen der Wand nimmt man nämlich historische Gegebenheiten wahr, die diese Orte betreffen. Der Große Krieg hat seine Spuren hinterlassen wie die noch zwischen den Lichtungen der Alm zu sehenden kleinen Kasernen und die nur wenige Hunderte Meter entfernte Staatsgrenze.
Der erste Haltepunkt bietet sich uns ganz in der Nähe des Autos an. Es ist ein kompakter Fels, der graue aus dem Devon, in dem das Wasser seit Jahrtausenden dunkle Streifen und Rillen hinterlassen hat, die wir uns heute erlauben zu besteigen. Wir berühren die Platten und die Haltepunkte leicht, denn hier klettert man nicht mit roher Gewalt, sondern mit dem Gleichgewicht eines vertikalen Tanzes. Der Fels bietet abwechselnd glatte Tafeln oder große natürliche Löcher und regt so unsere Fantasie an. Die bunte Herbstatmosphäre wärmt uns das Herz.
Die friulanische Grenze zwischen klassischem Bergsteigen und modernem Klettern ist auch an diesen Wänden dort zu finden, wo die heutige sportliche Kletterausrüstung auf die alten von berühmten Bergsteigern, die diesen Sport nach Karnien brachten, eingetriebenen Abseilhaken trifft.
Wir steigen die Wand gemeinsam mit einer Gruppe sympathischer, österreichischer Bergsteiger wieder ab. Hundert Jahre später scheinen die in Kriegszeiten errichteten Hassgrenzen endgültig beseitigt zu sein.
Nützliche Informationen
Die Platten im Val di Collina bestehen aus verschiedenen Wänden mit für alle geeigneten Kletterrouten. Die Schwierigkeitsskala geht vom 4. bis 7. Grad und im unteren, sportlicheren Bereich darüber hinaus. Am beliebtesten sind die Wege „De Infanti“ und „Dorigo“, die sich hundert Meter im oberen Bereich der Platten entwickeln. Die Routen sind alle gut ausgestattet und über einen bequemen Weg von der Malga Val di Collina zu Fuß oder über eine Schotterstraße auch mit einem normalen Auto einfach zu erreichen (bei der dritten Kehre der auf den Plöckenpass führenden Staatsstraße abbiegen).