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18 Februar 2017

Biken in Karnien auf dem Cammino delle Pievi (Taufkirchenweg)

18 Februar 2017
Giuliano Piccoli

Biken in Karnien auf dem Cammino delle Pievi (Taufkirchenweg)

Karnien ist ein herrliches Land, was in erster Linie darauf zurückzuführen ist, dass die Landschaft noch relativ wenig von Menschen geprägt worden ist. So hat sich vielleicht unbewusst ein Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur gebildet, das in anderen Berggebieten nur schwer zu finden ist. Es ist eine Insel der Natürlichkeit geblieben. Schon als Kind verbrachte ich meine Sommerferien in der warmen Umarmung seiner Berge, aber erst im letzten Sommer wurde mir klar, wie diese Umarmung voll reiner Liebe ist, genau so wie die Liebe einer Mutter gegenüber dem mittlerweile erwachsenen Sohn. Es bedarf keiner Worte, schon allein die Geste ist energiegeladen.

20 Etappen führten mich im Sattel meines Mountainbikes auf einem 300 km langen Rundweg durch alle karnischen Täler von Imponzo (Tolmezzo) bis zur Pfarrkirche Pieve di San Pietro (Zuglio). Das Land sollte auf Zehenspitzen erkundet werden, ganz ohne Lärm, und das Fahrrad ist dabei sehr hilfreich. Betreten Sie es respektvoll und demütig, ansonsten können Ihnen seine Hänge zum Verhängnis werden.

Ich fand Dörfer, Spuren einer fernen Vergangenheit, in denen die Zeit stehen geblieben ist, entdeckte alpine Tätigkeiten, die dank des Durchhaltevermögens jener nicht in Vergessenheit geraten sind, die immer noch in diesen Dörfern leben. Dörfer, deren Brunnen immer kühles Wasser spenden, was für uns Radfahrer von grundlegender Bedeutung ist! Und dann gibt es da die Plätze und die spielenden Kinder, Erinnerungen an eine Kindheit, die hier noch nicht verloren gegangen sind. In diesen Ortschaften trifft man immer auf freundliche und lächelnde Menschen, die grüßen und gerne ein wenig plauschen, um sich dann mit einem „mandi“ zu verabschieden.

Ich atmete den Duft von Tannenwäldern ein, Kilometer um Kilometer inmitten von Bäumen, ohne Autos, nur Sauerstoff. Ich lauschte der Stimme des Walds, die mich bei schwierigen Steigungen begleitete, und genoss seinen Schatten. Seine Stimme mischte sich von Zeit zu Zeit mit dem Chor der Bäche, die schillernd die Berge hinunterfließen, um schließlich in den großen und herrlichen Fluss Tagliamento zu münden.

Ich genoss Almka?se und handwerkliches Bier, da sich la?ngs des Wegs viele Almhu?tten befinden. Die Arbeit des Ka?sers ist alles andere als einfach, er kommt praktisch nie zur Ruhe, aber das Ergebnis seiner Arbeit ist etwas Besonderes. Beim Genießen eines Stu?ck Ka?ses ist der Berg mit seinen Weiden und Blumen zu schmecken. Der Ka?ser ist ein wenig wie ein Alchimist. Es ist nicht leicht, einfache Zutaten in etwas Gutes zu verwandeln. Aus den karnischen Quellen sprudelt glasklares Wasser, die Grundlage fu?r viele handwerkliche Biere, die nach den Mu?hen auf den Pedalen dazu beitragen, Mineralien und Aminosa?uren zu integrieren, natu?rlich ohne zu u?bertreiben! Ich bewunderte Fresken aus dem 15. Jahrhundert in der herrlichen Kirche San Martino in Socchieve oder in der Kirche San Floriano, seit 1905 Nationaldenkmal in Forni di Sopra, sowie sehr bedeutsame archa?ologische Fundsta?tten wie „Col di Zuca“ in Invillino oder die archa?ologischen Ausgrabungen in San Martino di Ovaro. Ich trat auf 2000 Jahre altem Kopfsteinpflaster in die Pedale. Das Gefu?hl, das einen im Bewusstsein befa?llt, dass man auf von antiken Ro?mern gebauten Straßen fa?hrt, ist unbeschreiblich und, nur beispielsweise, la?ngs der via Iulia Augusta zu fu?hlen, die von der ruhmreichen Aquileia nach Iulium Carnicum (Zuglio) und dann hinauf zum Passo di Monte Croce Carnico fu?hrte. Ein gutes Stu?ck Straße zwischen Cercivento und Cleulis wurde wiederhergestellt und befahrbar gemacht.
Schwer zu glauben, dass dort wo ich jetzt meinen Spaß habe, vor 100 Jahren einer der Schaupla?tze des Ersten Weltkriegs war. In Timau, eine Etappe, befindet sich das dem Konflikt gewidmete Museum und der beru?hmte Tempio Ossario, in dem die U?berreste von u?ber 1700 an der karnischen Front gefallenen Soldaten verwahrt sind (darunter auch o?sterreichisch-ungarische). Hier ruht unter anderen Maria Plozner Mentil, karnische Tra?gerin der Goldmedaille fu?r milita?rische Tapferkeit, die am 15. Februar 1916 bei Malpasso, u?ber Timau, to?dlich getroffen wurde und am Tag darauf verstarb.

Und all dies im Sattel meines Fahrrads und immer in Begleitung guter Freunde, denn geteilte Mu?hen sind eine Freude und in Gesellschaft sind die Rampen, die dieses Land zu bieten hat, leichter zu bewa?ltigen. Der Weg ist keine Herausforderung zum Schnellfahren. Ganz im Gegenteil empfehle ich, sich Zeit zu nehmen. Zu oft kommt es vor, dass Radfahrer kaum den Blick vom Lenkrad heben, um keine Zeit zu verlieren, aber auf diesem Weg za?hlt nicht der Chronometer, vielmehr ist zu bewundern, was Karnien zu bieten hat. Es ko?nnen kurze Abstecher vom vorgegebenen Weg gemacht werden, um etwas abseits liegende Do?rfer zu erkunden und eventuell einen Kaffee und ein Stu?ck Torte zu genießen. Fu?r dieses Abenteuer gibt es keine Altersgrenze: Fahrra?der mit Pedalunterstu?tzung (die beru?hmten E- Bikes) machen diesen Weg selbst auf den schwierigeren Etappen auch fu?r „weniger junge Fahrer“ geeignet. Einzige Voraussetzung ist eine bisschen Kenntnis der Mtb-Welt, weil auch technisch anspruchsvolle Abschnitte zu u?berwinden sind.

Erforderliche Ausru?stung
Es genu?gt die u?bliche Mtb-Ausru?stung: Helm, Brille, Handschuhe, Rucksack, berggerechte Wanderkleidung, Insektenschutz, Sonnenschutz, Lichter und Warnweste (es geht durch einige Tunnel). La?ngs des Wegs trifft man auf verschiedene, an das Mountainbike gebundene gewerbliche Aktivita?ten, die fu?r eventuelle Reparaturen, den Transport oder das Mieten von Gera?ten, auch E-Bikes, von Nutzen sein ko?nnen. Ach noch etwas: Der Cammino delle Pievi ist in erster Linie und in jeder Hinsicht ein Pilgerweg. Er ist daher mit dem gebotenen Respekt zu befahren, erstens sich selbst gegenu?ber, zweitens allen anderen Pilgern gegenu?ber, egal ob es sich dabei um Radfahrer, Wanderer, Gla?ubige oder Nichtgla?ubige handelt und drittens der natu?rlichen und menschlichen Umgebung gegenu?ber.

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Giuliano Piccoli

Ich bin 43 und im Friauler Hügelland geboren und aufgewachsen. Ich fahre mit dem Fahrrad kreuz und quer durch meine Region, aber hauptsächlich bin ich im westlichen voralpinen und alpinen Raum unterwegs. Im Winter gebe ich mich dem Skifahren und Skitourengehen hin. Zu meinen Leidenschaften zählt die regionale Geschichte und so verfolge ich mit Interesse historische und künstlerische Begebenheiten in weniger bekannten Zonen Friauls.

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