Das Leben an der Front zwang die Männer, ständig mit dem vorhandenen Tod zu leben. Zu jeder Tages- und Nachtzeit konnte plötzlich ein Geschoss oder ein Granatensplitter das Leben beenden. Das Vorhandensein der Religion, die als Glauben oder einfacher als Aberglauben gelebt wird, erscheint also inmitten dieser irrealen Situation fast natürlich.
Dieses Bedürfnis im Leben eines Soldaten wurde durch die Militärgeistlichen im Heer und durch die massive Verteilung von Heiligenbildern und Andachtsmaterialgelöst.
Die Ersten, die nach der italienischen Einigung aus der Armee verbannt wurden, wurden 1915 von Cadorna angesichts des Kriegsausbruchs wieder zugelassen. Über 2200 Militärgeistliche vergrößerten so die Reihen der Armee, zu denen auch die hinter den Linien gemeldeten Priester und Geistliche hinzukamen. Insgesamt beliefen sich somit die an der Front anwesenden Geistlichen auf circa 20000 Mann.
In einigen Museen können hingegen noch einige Beispiele für das in großen Mengen in den Linien der Front verteilte Andachtsmaterial gefunden werden. Millionen Heiligenbildchen, Karten und Gebetsbücher wurden dank der Arbeit einiger religiöser Institutionen wie der Heiligen Eucharistischen Liga (Santa Lega Eucaristica) und dem Werk für die Großartigkeit unseres Herrn Jesus Christus (Opera per la regalità di Nostro Signore Gesù Cristo) gedruckt. Religiöse Bilder, Allegorien, Gebete und Anrufungen waren die wichtigsten Gegenstände, welche die Soldaten täglich sehen und lesen konnten.
Auf diesen Kärtchen waren zum Beispiel das Friedensgebet von Papst Benediktus XV und das Bild von Jungfrau Maria als Friedenskönigin gedruckt, die dazu aufforderte, den Feind nach seinem Tod zu respektieren. Oder es wurde versucht, den Soldaten mit Worten der Annahme für den als eine Fatalität gesehenen Tod in dem Bewusstsein zu beruhigen, dass die Muttergottes in jedem Fall über ihn gewacht hätte. Die Abergläubischsten hingen hingegen in Höhe des Herzens ein Kärtchen mit dem Satz "Halte an!" ("Fermati!"). Dabei handelte es sich um eine Art Bitte (und Hoffnung), die sich an die eventuelle feindliche Kugel richtete.
Nach der Niederlage von Karfeit änderten sich auch die Heiligenbildchen und die Andachtskärtchen im Vergleich zur Vergangenheit. Die Zensur wurde strikt angewandt, so dass nur religiöse Bilder mit klarem patriotischem Wert verteilt wurden. Das Gebet von Papst Benediktus XV wurde als zu pazifistisch angesehen und somit verboten, während die Militärgeistlichen während der Predigten nicht mehr das Wort "Frieden" verwenden durften. Nichtsdestotrotz konnte dieses Material jedoch bis zur letzten Schlacht des Großen Kriegs in die Hände und unter die Augen der Soldaten gelangen.